Volkstrauertag

Am Sonntag, 15. November 2020, findet der Volkstrauertag statt. Aufgrund der Corona-Situation verzichten wir in diesem Jahr auf eine Gedenkveranstaltung auf dem Friedhof.

Der damalige Bundespräsident Johannes Rau sagte anlässlich einer Gedenkfeier für verunglückte Soldaten einmal: „Der Staat kann nicht trauern, trauern können nur Einzelne.“ Das ist wahr, Trauer ist ein sehr persönliches Gefühl. Wenn das aber so ist, stellt das dann nicht den Volkstrauertag infrage? Kann Trauer einem ganzen Volk „von oben verordnet“ werden? Natürlich nicht – und es wäre auch ganz falsch, wenn wir den Tag so verstehen wurden.

Der Volkstrauertag ist – trotz seines Namens – nicht unbedingt ein Tag des persönlichen Trauerns. Das war sicher noch anders, als 1922 die erste offizielle Feierstunde im Deutschen Reichstag stattfand. Damals – wie auch bei der Wiedereinführung nach dem Zweiten Weltkrieg – waren das Leid und der Schmerz der Hinterbliebenen noch ganz frisch und unmittelbar gegenwärtig. Inzwischen sind jedoch über 75 Jahre seit Kriegsende vergangen.

Je mehr uns die Generation der Zeitzeugen verlässt, umso mehr drohen die dahinterstehenden Schicksale in Vergessenheit zu geraten. Das sollten wir nicht zulassen. Gerade in der heutigen Zeit, in der rechte Kräfte die dunklen Seiten der Deutschen Geschichte nur allzu gerne relativieren wollen, ist es wichtig, sich zu erinnern. Denn: Nur wer sich erinnert, der kann aus der Vergangenheit lernen, um eine bessere Zukunft zu gestalten.

Nie wieder darf es dazu kommen, dass Menschen ihr Leben oder ihre Gesundheit lassen müssen, weil Hass, Ideologien und zerstörerische Machtansprüche scheinbar stärker sind als der Wille zum Frieden. Nie wieder Krieg! Aber dazu müssen wir selber bereit und offen sein – mehr als alles andere. Der Volkstrauertag soll uns bewusst machen: Das ist der richtige Weg.

Der Volkstrauertag ist daher in der Form, wie wir ihn heutzutage begehen, vor allem ein Tag des Innehaltens und des Erinnerns. Nehmen Sie sich in diesem Jahr gerne zu Hause etwas Zeit dazu oder besuchen Sie den Friedhof auch ohne Gedenkveranstaltung.

Ich erinnere mich sehr gerne an vergangenes Jahr. Damals nahm erstmals Francis Wolf, Bürgermeister unserer elsässischen Partnergemeinde Mommenheim, an der Gedenkveranstaltung teil. An der Gedenkstätte auf dem Friedhof legte er ein Blumengebinde nieder. In seiner Ansprache rief Wolf insbesondere die jüngere Generation – Deutsche, Franzosen, Europäer – auf, unser Leben in Frieden, Freiheit und Wohlstand zu schätzen.

Vimbuch und Mommenheim gemeinsam für den Frieden; Francis Wolf und Manuel Royal am Volkstrauertag 2019 Foto: Patric Kohler

Seine für mich bemerkenswerteste Aussage: „In Frankreich ist der 8. Mai, der Tag des Kriegsendes, ein Feiertag. Wir feiern dabei aber den Frieden, nicht den Sieg. Im Krieg gibt es niemals Sieger, da sind immer alle Verlierer.“

Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende.

Ihr Ortsvorsteher
Manuel Royal